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Urteil Versicherungsgericht (SG - AVI 2011/36)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2011/36: Versicherungsgericht

A. arbeitete als Betriebsleiter bei B. in St. Gallen von Mai 2005 bis September 2006. Nachdem er sich der Erziehung seiner Zwillinge widmete und eine gescheiterte Selbständigkeit hatte, beantragte er Arbeitslosenentschädigung. Die Kantonale Arbeitslosenkasse lehnte seinen Antrag ab, da er die erforderliche Beitragszeit nicht erfüllte. Trotz Einspruch und weiteren Erklärungen wurde sein Antrag endgültig abgelehnt. Er argumentierte, dass ihm falsche Informationen gegeben wurden, jedoch konnte er dies nicht ausreichend beweisen. Letztendlich wurde die Beschwerde abgewiesen, und es wurden keine Gerichtskosten erhoben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AVI 2011/36

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2011/36
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2011/36 vom 11.04.2012 (SG)
Datum:11.04.2012
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 9b Abs. 2 AVIG. Beschwerdeführer trägt die Folgen der Beweislosigkeit hinsichtlich der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit sowie bezüglich einer telefonisch erteilten Auskunft (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. April 2012, AVI 2011/36).Bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts 8C_462/2012.Vizepräsidentin Marie-Theres Rüegg-Haltinner, Versicherungsrichterinnen Marie Löhrer und Lisbeth Mattle Frei; a.o. Gerichtsschreiberin Annina BaltisserEntscheid vom 11. April 2012in SachenA. ,Beschwerdeführer,gegenKantonale Arbeitslosenkasse, Davidstrasse 21, 9001 St. Gallen,Beschwerdegegnerin,betreffendArbeitslosenentschädigung (Rahmenfristen und Vertrauensschutz)Sachverhalt:
Schlagwörter: Rahmenfrist; Beitragszeit; Erwerbstätigkeit; Quot; Niederkunft; Arbeitslosenentschädigung; Arbeitslosenkasse; Verlängerung; Gallen; Zwillinge; Arbeitslosenversicherung; Auskünfte; Telefon; Sachverhalt; Kinder; Selbständigerwerbende; Antrag; Erziehung; Kindererziehung; Informationen; Einsprache
Rechtsnorm: Art. 71b AVIG;Art. 9a AVIG;Art. 9b AVIG;
Referenz BGE:117 V 264; 117 V 360;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AVI 2011/36

A.

    1. A. arbeitete vom 1. Mai 2005 bis zum 30. September 2006 als Betriebsleiter bei der B. , St. Gallen. Per 1. Oktober 2010 stellte er Antrag auf

      Arbeitslosenentschädigung (act. G 3/10). Im Schreiben vom 28. September 2010 führte er aus, er habe sich ab dem 30. September 2006 ausschliesslich der Erziehung seiner am 2006 geborenen Zwillinge gewidmet und während dieser Zeit keine Arbeitslosenentschädigung beansprucht. Am 1. Oktober 2009 habe er eine selbständige Erwerbstätigkeit ohne Förderung durch die Arbeitslosenversicherung aufgenommen. Es habe sich jedoch gezeigt, dass eine längerfristige Existenz seines Jungunternehmens "C. " aus diversen Gründen nicht möglich gewesen sei. Deshalb habe er seine Selbständigkeit zugunsten einer Anstellung abgebrochen (act. G 3/8).

    2. Im Schreiben vom 19. November 2010 stellte die Kantonale Arbeitslosenkasse dem Versicherten die Ablehnung seines Antrages in Aussicht und gewährte ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Rahmenfrist für die Beitragszeit werde auch bei Zwillingen nur um zwei Jahre verlängert, da der Betreuungsaufwand für die Verlängerung nicht massgebend sei. Erstrecke sich die verlängerte Rahmenfrist für die Beitragszeit über den selben Zeitraum wie die Verlängerung der Rahmenfrist für die Beitragszeit aufgrund eines Wechsels zur selbständigen Erwerbstätigkeit, so könne die Verlängerung nur einmal berücksichtigt werden. Die Rahmenfrist verlängere sich somit lediglich um zwei Jahre und dauere somit vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2010. Trotz dieser verlängerten Rahmenfrist erfülle er weder die Beitragszeit noch könne er einen Befreiungsgrund geltend machen (act. G 3/19).

    3. Der Versicherte führte im Schreiben vom 10. Dezember 2010 aus, er habe sich am

      9. April 2008 bei der Arbeitslosenkasse erkundigt. Man habe ihm mitgeteilt, die Rahmenfrist für die Beitragszeit bei Kindererziehung betrage bei einem Kind vier Jahre und jede weitere Niederkunft verlängere die Rahmenfrist um maximal zwei Jahre. Daher würde die Rahmenfrist in seinem Fall mehr als vier Jahre betragen. Betreffend die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit gelte es zu beachten, dass die Rahmenfrist um maximal zwei Jahre verlängert werden könne. Er habe nie Zweifel gehabt, dass die erhaltenen Informationen nicht korrekt gewesen sein könnten. Wäre er von der Arbeitslosenkasse richtig orientiert worden, hätte er sich rechtzeitig angemeldet (act. G 3/21).

    4. Mit Verfügung vom 23. Dezember 2010 lehnte die Arbeitslosenkasse den Antrag des Versicherten auf Arbeitslosenentschädigung ab dem 1. Oktober 2010 ab. Der Versicherte könne in der Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 1. Oktober 2006 bis

      30. September 2010 keine Beitragszeiten nachweisen und es lägen auch keine Gründe zur Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit vor (act. G 3/23).

    5. Gegen diese Verfügung erhob der Versicherte am 30. Januar 2011 Einsprache

      und beantragte, seinem Antrag auf Arbeitslosenentschädigung sei nachzukommen. Zur Begründung führte er an, er habe sich seinen damaligen Notizen zufolge am 9. April 2008 bei der Arbeitslosenkasse St. Gallen erkundigt, ob er sich wegen der Kindererziehung bzw. noch vor Aufnahme einer allfälligen selbständigen

      Erwerbstätigkeit bei einer Amtsstelle melden müsse, um allfällig Administratives zu erfüllen. Man habe ihm geantwortet, er habe diesbezüglich keine Massnahmen zu ergreifen, da die Rahmenfrist für die Beitragszeit bei Erziehung eines Kindes vier Jahre betrage und jede weitere Niederkunft die Rahmenfrist um maximal zwei Jahre verlängere. Daher würde die Rahmenfrist in seinem speziellen Fall mehr als vier Jahre betragen. Betreffend Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit sei ihm mitgeteilt worden, dass die Rahmenfrist um maximal zwei Jahre verlängert werden könne. Mit Blick auf die Verfügung müsse er nun annehmen, keine kompetente Ansprechpartnerin gehabt zu haben. Er habe davon ausgehen müssen, dass die erhaltenen Informationen korrekt seien. Der Betreuungsaufwand bei Zwillingen sei sodann um Einiges höher als bei Einzelgeburten. Der Versicherte führte weiter aus, bei richtiger Orientierung hätte er sich angemeldet und problemlos eine verlängerte Rahmenfrist erhalten und sich theoretisch weiter der Kindererziehung widmen können (act. G 3/24).

    6. Auf Anfrage der Arbeitslosenkasse reichte der Versicherte mit Schreiben vom

      6. April 2011 eigene Abklärungen und persönliche Notizen im Zusammenhang mit dem von ihm in der Einsprache geltend gemachten Telefongespräch vom 9. April 2008 ein (act. G 3/29).

    7. Mit Einspracheentscheid vom 3. Mai 2011 wies die Arbeitslosenkasse die Einsprache ab. Aus den Akten gehe hervor, dass die Rahmenfrist für die Beitragszeit um zwei Jahre verlängert worden sei und somit vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2010 gedauert habe. Eine weitere Verlängerung sei nicht möglich, da die Erziehungszeit bei Zwillingen von der Länge her als identisch zu derjenigen bei Einzelgeburten festzulegen sei. Selbst wenn man Zwillingsgeburten als zwei einzelne Ereignisse betrachten würde, wäre der dazwischen liegende Zeitraum äusserst kurz, weshalb ihm für die Verlängerung der Rahmenfrist keine praktische Bedeutung zukäme. Es bleibe festzuhalten, dass in der laufenden Rahmenfrist die Beitragszeit von zwölf Monaten nicht erbracht worden sei und auch kein Befreiungsgrund geltend gemacht werden könne. Die Berufung auf den Vertrauensschutz scheitere mangels Beweises einer Falschauskunft. Der Versicherte könne nicht mitteilen, von welcher Person die Auskünfte erteilt worden seien. Es sei deshalb nicht überprüfbar, ob die Auskünfte tatsächlich so erteilt worden seien ob allenfalls auch ein Missverständnis vorliegen könnte. Der sinngemässe Antrag auf Parteientschädigung

sei abzuweisen, da die Voraussetzungen für die Zusprechung offensichtlich nicht erfüllt

seien (act. G 3/30). B.

    1. Gegen diesen Einspracheentscheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom

      14. Juni 2011 (Datum Postaufgabe). Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäss die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung. Die Begründung deckt sich im Wesentlichen mit der im Verwaltungsverfahren vorgebrachten. Der Beschwerdeführer macht darüber hinaus geltend, es werde im Arbeitslosenversicherungsgesetz nirgends auf die Verordnung verwiesen. Keine Person und auch nicht die Dame am Telefon habe etwas von der Verordnungsbestimmung, nach welcher sich die Rahmenfrist nur um den Zeitraum bis zur nächsten Niederkunft verlängere, gewusst. Des Weiteren habe er Frau D. , die Dame, welche die Auskünfte erteilt habe, namentlich genannt. Es sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bewiesen, dass er die Informationen von dieser Dame erhalten habe. Wenn mündliche Aussagen ohne schriftliche Bestätigung wertlos seien, hätten entsprechende Hinweise erfolgen müssen (act. G 1).

    2. Mit Beschwerdeantwort vom 22. Juli 2011 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung wird im Wesentlichen auf den Ein­ spracheentscheid verwiesen. Frau D. sei als Mitarbeiterin Sekretariat und Archiv angestellt gewesen, wobei zu ihrer Tätigkeit auch das Bedienen der Telefonzentrale gehört habe. Den Mitarbeitern sei es strengstens untersagt, Auskünfte zum Vollzug des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu erteilen. Frau D. wäre zudem gar nicht dazu in der Lage gewesen, eine Aussage zu machen, da sie nie in diesem Bereich gearbeitet habe und es sich darüber hinaus um einen sehr komplexen Sachverhalt handle, welcher von den Sachbearbeitern im Normalfall mit der Teamleitung bearbeitet würde. Dass sich der Beschwerdeführer Informationen nicht schriftlich habe bestätigen lassen, sei als grobfahrlässig zu bezeichnen (act. G 3).

    3. Mit Replik vom 12. September 2011 hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest. Eine anrufende Person müsse sich darauf verlassen können, dass die gewünschten Auskünfte jederzeit korrekt beantwortet würden. Darüber hinaus sei die Leiterin Arbeitslosenentschädigung, Frau E. , in der E-Mail vom 17. November 2010

      bei der Berechnung der Anspruchsberechtigung auf das gleiche Resultat gekommen

      wie Frau D. (act. G 5).

    4. Mit Duplik vom 3. Oktober 2011 hält die Beschwerdegegnerin an ihren Ausführungen fest. Es sei nochmals zu betonen, dass es vollkommen ausgeschlossen sei, dass der Beschwerdeführer in irgendeiner Form Informationen zum Vollzug des Arbeitslosenversicherungsgesetzes von Frau D. erhalten habe. Die Aussage, dass die Leiterin Arbeitslosenentschädigung, E. , der Meinung gewesen sei, die Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug seien erfüllt, sei haltlos. Bei der genannten E-Mail handle es sich um eine Anfrage an das Staatssekretariat für Wirtschaft, was nochmals verdeutliche, dass es sich um einen komplexen Sachverhalt handle (act. G 7).

    5. Am 20. Februar 2012 forderte das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen den Beschwerdeführer auf, betreffend die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit ab 1. Oktober 2009 Stellung zu nehmen. In seiner Stellungnahme vom

16. März 2012 führte der Beschwerdeführer aus, die Einzelunternehmung "C. " sei 1992 in das Handelsregister eingetragen worden. Eine Geschäftstätigkeit als "Selbständigerwerbender im Haupterwerb" sei bis zum 30. September 2009 nie ausgeübt worden (act. G 11.1). Der Beschwerdeführer reichte zudem eine Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen über die Erfassung als Selbständigerwerbender (act. G 11.2) sowie einen Auszug der AHV-Abrechnungen vom

  1. April 1992 bis 15. März 2012 (act. G 11.3) ein.

    Erwägungen:

    1.

    1. Nach Art. 8 Abs. 1 lit. e des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0) hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wer unter anderem die Beitragszeit erfüllt hat von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist. Die Beitragszeit hat laut Art. 13

      Abs. 1 AVIG erfüllt, wer innerhalb der dafür vorgesehenen Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 3

      AVIG) während mindestens zwölf Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung

      ausgeübt hat. Für den Leistungsbezug und für die Beitragszeit gelten, sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, zweijährige Rahmenfristen. Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug beginnt mit dem ersten Tag, für den sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Rahmenfrist für die Beitragszeit beginnt zwei Jahre vor diesem Tag (Art. 9 Abs. 1 bis 3 AVIG).

    2. Gemäss Art. 9a Abs. 2 AVIG wird die Rahmenfrist für die Beitragszeit von Versicherten, die den Wechsel zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ohne Bezug von Leistungen vollzogen haben, um die Dauer der selbstständigen Erwerbstätigkeit, höchstens jedoch um zwei Jahre verlängert (Art. 9a Abs. 2 AVIG).

    3. Die Rahmenfrist für die Beitragszeit von Versicherten, die sich der Erziehung ihrer Kinder gewidmet haben, beträgt vier Jahre, sofern zu Beginn der einem Kind unter zehn Jahren gewidmeten Erziehung keine Rahmenfrist für den Leistungsbezug lief (Art. 9b Abs. 2 AVIG). Gemäss Art. 9b Abs. 3 AVIG wird die Rahmenfrist nach Art. 9b Abs. 2 AVIG durch jede weitere Niederkunft um jeweils höchstens zwei Jahre verlängert. Art. 3b Abs. 4 der Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIV; SR 837.02) präzisiert, dass die vierjährige Rahmenfrist für die Beitragszeit nach Art. 9b Abs. 2 AVIG für jede weitere Niederkunft um den Zeit­ raum bis zur nächsten Niederkunft verlängert wird, höchstens jedoch um jeweils zwei Jahre.

    4. Der Sozialversicherungsprozess ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das Gericht haben von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen. Dabei sind rechtserheblich alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so anders zu entscheiden ist. Der Untersuchungsgrundsatz schliesst eine Beweislast im Sinne einer Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Wenn es sich jedoch als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen, greift die Beweisregel Platz, dass die Parteien eine Beweislast insofern tragen, als im Fall der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte (BGE 117 V 264 E. 3b, 115 V 142 E. 8a). Das

Gericht darf eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn es von ihrem Bestehen überzeugt ist. Es hat seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht (BGE 117 V 360 E. 4a mit Hinweisen).

2.

    1. Der Beschwerdeführer beantragt die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung

      per 1. Oktober 2010. Somit dauert die zweijährige Rahmenfrist für die Beitragszeit vom

      1. Oktober 2008 bis 30. September 2010. Durch die Geburt der Zwillinge am 2006 verlängert sich die Rahmenfrist für die Beitragszeit um zwei Jahre; sie beginnt damit am 1. Oktober 2006. Wie bereits von der Beschwerdegegnerin dargelegt wurde, verlängert sich bei der Geburt der Zwillinge die Rahmenfrist nicht um zweimal zwei Jahre. Denn Art. 3b Abs. 4 AVIV, wonach die vierjährige Rahmenfrist für jede weitere Niederkunft um den Zeitraum bis zur nächsten Niederkunft verlängert wird, ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers eine gesetzeskonforme und damit anwendbare Präzisierung von Art. 9b Abs. 3 AVIG. Nach dieser Gesetzesbestimmung vermag eine weitere Niederkunft die verlängerte Rahmenfrist um jeweils höchstens zwei Jahre zu erstrecken. Da der Beschwerdeführer vom 1. Mai 2005 bis 30. September 2006 eine beitragspflichtige Beschäftigung ausübte, müsste die Rahmenfrist für die Erfüllung der zwölfmonatigen Beitragszeit nochmals verlängert werden. Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang geltend, er habe am

      1. Oktober 2009 eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen. Da sich im Laufe der Zeit jedoch gezeigt habe, dass eine längerfristige Existenz seines Unternehmens "C. " aus diversen Gründen, wie z.B. aufgrund des wirtschaftlichen Umfelds, nicht möglich sei, habe er die selbständige Erwerbstätigkeit bereits ein Jahr später - Ende September 2010 - wieder abgebrochen.

    2. Gemäss Handelsregisterauszug des Kantons St. Gallen wurde das Einzelunternehmen "C. " am 6. April 1992 im Handelsregister eingetragen. Die Löschung erfolgte am 6. Oktober 2010. Zwar bestätigte die Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen mit Schreiben vom 15. März 2012, dass der Beschwerdeführer ab 1. April 1992 im Nebenerwerb und vom 1. Oktober 2009 bis 30. September 2010 als

      Selbständigerwerbender im Haupterwerb erfasst gewesen sei (act. G 11.2). Die Erfassung als Selbständigerwerbender im Haupterwerb alleine vermag jedoch eine tatsächlich aufgenommene selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 9a Abs. 2 AVIG nicht zu beweisen. Hierfür bedarf es einer - als Alternative zur Beschäftigung als Unselbständigerwerbender - auf wirtschaftliche Tragfähigkeit und Dauer ausgerichteten selbständigen Erwerbstätigkeit (vgl. auch Art. 71b AVIG). Aus den Ausführungen im Schreiben vom 28. September 2010 (act. G 3/8) gehen Hinweise auf die Planung einer selbständigen Tätigkeit als "Jungunternehmer" hervor. Dass eine solche aber realisiert worden ist, kann weder diesen Ausführungen noch den Belegen des Beschwerdeführers entnommen werden. Den eingereichten AHV-Abrechnungen der persönlichen Beiträge ist weiter zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in den Jahren seiner geltend gemachten selbständigen Erwerbstätigkeit (2009-2010) lediglich den damaligen AHV/IV/EO-Mindestbeitrag für Selbständigerwerbende von Fr. 460.00 erbrachte. Aus der Zahlung des AHV/IV/EO-Mindestbeitrages für Selbständigerwerbende kann ebenfalls nicht auf eine selbständige Erwerbstätigkeit geschlossen werden, welche zu einer Beitragszeitverlängerung berechtigen würde. Weitere Unterlagen, welche die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit belegen würden, sind den Akten nicht zu entnehmen.

    3. Zusammenfassend ist vorliegend nicht mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass der Beschwerdeführer am 1. Oktober 2009 tatsächlich eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Damit kann offen bleiben, ob eine Verlängerung der Rahmenfrist wegen Kindererziehung und eine solche infolge Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit aneinandergereiht werden können, wie das der Beschwerdeführer implizit geltend macht (vgl. hierzu zudem den E-Mail-Verkehr zwischen der Beschwerdegegnerin und dem seco; act. G 3/17).

3.

    1. Der Beschwerdeführer beruft sich im Weiteren auf den Vertrauensschutz, indem er geltend macht, er habe von einer Mitarbeiterin der Beschwerdegegnerin am Telefon (D. ) die Auskunft erhalten, dass die Rahmenfrist für die Beitragszeit bei

      Kindererziehung bei einem Kind vier Jahre betrage und jede weitere Niederkunft die Rahmenfrist um maximal zwei Jahre verlängere, weshalb die Rahmenfrist in seinem Fall mehr als vier Jahre betragen würde. Betreffend die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit sei ihm mitgeteilt worden, dass die Rahmenfrist um maximal zwei Jahre verlängert werden könne und er keine Anmeldung vorzunehmen habe. Er sei deshalb in guten Treuen davon ausgegangen, mit seiner auf den 1. Oktober 2010 vorgenommenen Anmeldung die Mindestbeitragszeit erfüllen zu können.

    2. Wie von der Beschwerdegegnerin richtigerweise ausgeführt, ist auch durch die

vom Beschwerdeführer eingereichten persönlichen Notizen zum Telefongespräch vom

9. April 2008 (act. G 3/29) nicht erstellt, ob und gegebenenfalls welche Auskünfte dieser telefonisch erhalten hat. Dass dem Beschwerdeführer anlässlich eines Telefongespräches bezüglich Verlängerung der Rahmenfristen für die Beitragszeit eine falsche Auskunft erteilt worden ist, wird von der Beschwerdegegnerin bestritten und lässt sich nicht mehr rechtsgenüglich erhärten. Da dem Beschwerdeführer vorliegend der Nachweis der behaupteten Falschauskunft nicht mit dem geforderten Beweisgrad

der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gelingt, hat er die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. Eine Berufung auf den Vertrauensschutz fällt damit ausser Betracht.

4.

Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Bestätigung des Ein­ spracheentscheides vom 30. Mai 2011 abzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialver­ sicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP entschieden:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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